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Kapitel 15

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Beitrag  Eternety Sa Jun 20, 2009 1:47 am

Kapitel 15

Ich hatte am Tag unruhig geschlafen und das, obwohl ich völlig erschöpft war.
So schleppte ich mich nach unten, wo der Rest schon auf mich wartete.
„Na, du Schlafmütze.“, rief mir Rham gleich entgegen. „Du brauchst dringend einen Wecker. Der Dämon kommt gleich. Er will die Schwerter schärfen.“
Ich setze mein freundlichstes Lächeln auf und gesellte mich zum Rest.
Das ein Dämon kommen wollte, hatte ich nicht gewusst, aber wahrscheinlich war das wieder etwas, was Vishous mir sagen wollte, bevor ich ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte.
Mein Blick schweifte, doch Vishous war noch nicht da.
„Wo ist denn unser Meister?“, fragte ich deshalb Lehti, doch die zuckte mit den Schultern.
„Er hat was davon gesagt, er wolle etwas klären, aber was, das hat er nicht gesagt. Wundert mich aber nicht. Er ist schon länger so komisch.“
„Wer ist komisch?“, fragte Rham gleich und kam zu uns.
„Vishous.“, meinte Lehti und der Rest nickte.
„Helia, du solltest mal mit ihm reden. Vielleicht hört er ja auf dich.“, schlug Flora vor.
„Ich glaube nicht…“, meinte ich, als ich unterbrochen wurde.
„Was glaubst du nicht, kleine Blume?“, fragte mich Vishous, der gerade in den Raum gekommen war.
Ich schaute verlegen zu ihm und schüttelte nur den Kopf.
„Nichts, nichts…“, meinte ich und schaute sofort wieder weg.
„Dann ist es gut. Also, der Dämon ist hier. Ich habe ihn nach unten gebeten, aber er muss einiges tragen. Rham? Hilfst du ihm?“
„Klar, Vishous.“, antwortete er sofort und lief nach oben. Auch der Rest folgte ohne Aufforderung.
Als ich ebenfalls mitgehen wollte, hielt mich Vishous fest.
„Wir müssen reden. Lass sie die Sachen holen.“
Er schien leicht betrübt und so machte ich mich auf einiges gefasst.
„Was gibt es, Vishous?“
„Ich war gerade bei einem befreundeten Ältesten eines anderen Clans und er… er hat mir nicht viel Hoffnung gemacht. Das wird so weiter gehen, wie es im Moment ist und…“
Er wurde vom Gepolter der Anderen unterbrochen und brachte deshalb einen Schritt Abstand zwischen uns.
„Helia, du hättest ruhig mal helfen können.“, fauchte mich Roselia an, weshalb ich ihr etwas abnahm.
„Ich habe sie gebeten hier zu bleiben.“, sagte Vishous, woraufhin Roselia ruhig wurde und sich auf einen Stuhl setzte, wie eigentlich immer, wenn Vishous ihr etwas sagte.
Manchmal kam es mir vor, als würde er einen Schalter in ihr umlegen.
Auch der Dämon kam in den Raum und ich sah zum ersten Mal, seit ich ein Vampir war, einen echten Dämon, der sich nicht in menschlicher Gestalt versteckte.
Er sah trotzdem sehr menschlich aus, auch wenn seinen Haut blau war. Das lange, silberne Haar hatte er zu einem Zopf gebunden und seine roten Augen schauten neugierig in die Runde und jagte mir Angst ein.
„Einen schönen guten Abend die Herrschaften. Ich bin Torsti. Vishous hat mich gebeten, eure Waffen nach zu schärfen.“, stellte er sich vor und ich stellte fest, dass er eine angenehme Stimme hatte, die so gar nicht zu seinem Äußeren passen wollte.
„Ja, denn wir trainieren mit ihnen und entsprechend nutzen sie sich ab. Deshalb habe ich dich hierher gebeten.“, erklärte Vishous noch einmal und reichte dem Dämon dann das erste Schwert.
„Ah, ich sehe, dein eigenes. Warum hängst du nur an dem alten Ding… Es ist nichts besonderes. Was ist eigentlich mit dem passiert, dass ich für dich geschmiedet hatte, alter Freund?“, fragte der Dämon, weshalb ich mein Schwert griff und es aus der Scheide zog.
„Da ist es ja. Vishous? Ihr? Warum ihr?“, fragte der Dämon überrascht, doch Vishous zuckte nur mit den Schulten und sagte nichts dazu. Torsti nickte und begann, das erste Schwert zu schärfen, während er immer mal wieder zu mir schaute.
Nach wenigen Minuten war die Klinge wieder scharf und ich reichte ihm meine.
Er nahm sie mir aus der Hand, lächelte mich an und begutachtete es.
„Sehr interessant… Du gehst nicht gerade zimperlich damit um, meine Liebe. Pass etwas darauf auf. Es ist wertvoll und sehr gut zum kämpfen, vor allem gegen Menschen.“, erklärte er mir und schärfte auch diese Klinge. „Was hast du damit zerschlagen? Einen Stein?“, wollte er wissen und ich senkte den Kopf.
„Metall…“, sagte ich leise und registrierte aus den Augenwinkeln, wie der Dämon nickte.
„Ja, sowas in der Art habe ich mir gedacht. Mach das nicht mehr. Das Schadet nur dem Eisen und wenn das Schwert Scharten bekommt, kann auch ich nicht mehr viel machen.“
So ging das weiter, bis sämtliche Schwerter, Messer und Pfeilspitzen so scharf waren, dass wir damit Kämpfen konnten.
Der Dämon hatte sogar noch neue Messer für uns, von denen er jedem eines gab. Ich bekam eins, dass genau zu dem Schwert passte und das ich bequem an meinem Gürtel tragen konnte.
Als er fertig war, setzte er sich einen Augenblick zu uns und schaute immer abwechselnd von Vishous zu mir und umgekehrt.
„Wie ist dein Name, Mädchen?“, fragte er mich irgendwann.
Ich war verwirrt und fragte mich, warum er ausgerechnet mich ansprach, trotzdem antwortete ich ihm: „Helia.“
„Vishous hat dich erschaffen, habe ich Recht?“, war seine nächste Frage und ich fühlte mich unwohl, als sein Blick sich auf mich legte.
„Ja.“, antwortete ich und er nickte wieder.
„Ich rieche es. Du riechst nach seinem Blut. Ein hübsches Mädchen hast du dir ausgesucht, alter Freund, aber du weißt, wie das ausgehen wird. Sag, Helia, wie gut kämpfst du?“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Besser als vor drei Wochen.“, antwortete ich. Natürlich wusste ich, dass diese Antwort nichts aussagte und eigentlich auch ziemlich frech war, aber dem Dämon schien sie zu genügen.
Mir gefiel nicht, in welche Richtung das Gespräch immer wieder zu gehen schien und deshalb war ich froh, dass er mich das gefragt hatte.
„So, das möchte ich gerne sehen. Ich will wissen, ob das Schwert in guten Händen ist.“, meinte Torsti und reichte Vishous sein Schwert, danach gab er mir meines.
Ich nickte und stellte mich Vishous gegenüber.
„Keine Gnade, Vishous. Ich will sehen, was sie wirklich kann.“, sagte Torsti, was mich doch leicht verwirrte. Bisher hatte ich immer gedacht, dass er mit voller Kraft gekämpft hatte, doch ich sollte eines besseren belehrt werden.
Wir begannen wieder, gegeneinander zu kämpfen, vielleicht sogar härter als je zuvor.
Auch Vishous kämpfte anders.
Ich konnte ihm nicht mehr mit wenigen Schlägen sein Schwert aus der Hand schlagen und obwohl er immer noch einen Verband an der Hand trug, benutze er sie, als wäre dort nichts.
Ich hob mein Schwert und ließ es hinab sausen, als er seines ebenfalls hob und meinen Schlag parierte. Mir fiel sofort auf, dass er mich die letzten Wochen geschont hatte. Er hatte nie mit ganzer Kraft gekämpft, wahrscheinlich, um mich nicht zu verletzen und es mir besser beibringen zu können.
Wir standen Auge in Auge in einer Patt-Situation.
Keiner würde gewinnen, keiner verlieren, es sei denn, wir spielten mit unfairen Mitteln.
Ich hätte ihn treten können, damit er das Gleichgewicht verlor oder er mich, doch schon am Anfang hatte wir uns darauf geeinigt, so etwas nicht zu tun.
Jetzt war die Frage, wer mehr Kraft hatte: Er oder ich, doch ich merkte, dass meine Kräfte nachließen.
Der Schlafmangel machte sich bemerkbar und das ich seit drei Nächten nicht getrunken hatte.
Auch, wenn es mir gar nicht gefiel, ich würde verlieren.
Mit letzter Kraft versuchte ich, mein Schwert aus dieser Situation zu ziehen und ihm dabei seines zu entringen, doch das gelang mir nicht.
Stattdessen bot sich ihm nun die Gelegenheit, zu zu schlagen und mir mein Schwert aus der Hand fliegen zu lassen.
Ohne das ich es merkte, hatte er mich gegen die Wand gedrängt und setzte mir seine Waffe auf die Brust.
Ich spürte, wie die Spitze leicht in meine Haut drückte und schließlich eine kleine Wunde riss, aus der Blut rann.
„Gewonnen…“, sagte Vishous leise, bevor er das Schwert von mir nahm und zu den Anderen zurück ging.
Ich folgte ihm nach einigen Sekunden.
Mein Schwert hob ich mit einer kleinen Handbewegung und etwas Konzentration auf, während ich zum Rest lief.
Als ich darüber war, zitterte es kurz, bevor es mir in die Hand flog.
„Nicht schlecht, Helia.“, meinte der Dämon. „Du bist es Wert, das Schwert zu tragen. Du hast Vishous fast geschlagen und er ist ein Schwertmeister. Kaum jemand kann es mit ihm aufnehmen. Das Schwert soll dir gehören.“
Ich verbeugte mich leicht vor dem Dämon und bedankte mich, bevor ich mich neben Lehti setze, die mit ihrem Bogen spielte.
„Das war wirklich gut. Die Jäger können kommen.“, meinte sie zu mir und ich lächelte matt.
„Solange sie nicht heute Nacht kommen, von mir aus…“, antwortete ich und lehnte mich zurück.
„Sie werden kommen, aber nicht so schnell.“, sagte Torsti und begann, seine Sachen zusammen zu packen. „Sie müssen selber noch besser werden. Ich habe sie gesehen, als sie die Dämonen aus der Kanalisation vertrieben haben. Sie hatten keine Chance gegen euch, doch sie werden besser.“
„Danke, Torsti, das gibt mir zu denken…“, meinte Vishous und stand auf, um seinem Freund zu helfen.
„Ja, alter Freund. Du musst Entscheidungen treffen. Ich stehe euch mit meinen Waffen jederzeit zur Seite, aber Kämpfen werde ich nicht. Du kennst das Gesetz der Dämonen.“
„Ja und auch der Rest tut das.“, antwortete Vishous. Ich schaute nur in die Runde und stellte fest das er Recht hatte. Außer mir schien jeder zu wissen, um was es ging.
„Dann lebt wohl, Vampire. Auf ein baldiges Wiedersehen.“, sagte der Dämon zum Abschied und die Anderen griffen sofort zu, um ihm zu helfen. Auch ich wollte gerade nach einer Kiste greifen, als mich Vishous wieder zu sich rief.
„Helia? Wann warst du das letzte Mal jagen?“, fragte er mich, während der Rest die schweren Kisten nach oben trug.
Ein Blick zu Roselia verriet mir, dass sie mich am liebsten töten würde, wenn ich nicht schon tot wäre. Sie dachte wahrscheinlich, dass ich mich vor meinen Aufgaben drückte, doch das war nicht so. Vishous sah nur oft andere Dinge für mich vor als für den Rest des Clans.
„Vor drei Tagen. Ich hatte die letzten Tage keinen Hunger…“, antwortete ich und wollte den Anderen folgen, als mich unser Meister am Arm griff.
„Gut, dann gehen wir jagen, kleine Blume.“, sagte Vishous mit einem Unterton in der Stimme, der keinen Widerspruch zuließ.
Warum hätte ich auch widersprechen sollen? Ich war am Verhungern und mit Vishous jagen zu gehen versprach meistens guten Erfolg.
Ich nickte also und so verließen wir zusammen das Gebäude.
Die Anderen warfen uns einen skeptischen Blick hinterher und ich hörte Torsti sagen:
„Vampirliebe… Seit dreihundert Jahren habe ich sie nicht mehr erlebt… Alter Freund, das kann nicht gut gehen.“, bevor wir außer Hörweite waren.
„Vishous? Was meint er damit?“, fragte ich sofort, doch er schüttelte nur den Kopf.
„Später, kleine Blume. Später. Jetzt wollen wir erst etwas essen.“
So ergriff er meine Hand und gemeinsam rannten wir hinaus in die Nacht.
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